[LiSe 11/23] Kolumne: Hastegehört?

Fast jeder hat etwas auf den Ohren. Sind wir unterwegs, dann sind es unsere Kopfhörer auch. Kopfhörer schaffen unendlich viele voneinander isolierte Akustikräume, füllen die mit Musik, mit Worten, die absolut nichts mit der Geräuschewelt außerhalb zu tun haben. Ein kleines Accessoire, links und rechts an uns angebracht, gibt zu verstehen: „Also, ich höre gerade nichts. Also, hören tu ich schon was, aber eben nur das, was aus den Stöpseln kommt.“ Was genau das ist, bleibt ein Geheimnis, und so hat jeder sein Geheimnis. Außer …, die Kopfhörer sind Schrott. Schrottkopfhörer lassen mithören: blecherne Bass-Rhythmen, die wirklich sehr, sehr basic klingen. (mehr …)

[LiSe 10/23] Kolumne: Auf der Höhe der Zeit

Es wird sich ein bisschen viel gewundert. Manche reiben sich auch erstaunt die Augen. Sind verblüfft. Kriegen gar Herzklopfen. Und wie das eben so ist mit allem, was inflationär betont, hervorgehoben, benannt wird: Erst kann man es nicht mehr hören, und dann überhört man es einfach. Genervt schaltet man insgesamt ab ob der Phrasendrescherei oder – ein Zeichen des Goodwills – sie/er lässt ein paar Sätze verstreichen …, und vielleicht lohnt es sich ja dann, den Aufmerksamkeitspegel peu à peu wieder langsam nach oben steigen zu lassen. (mehr …)

[LiSe 09/23] Kolumne: Matrjoschka

Es war einmal ein Kulturzentrum, das stand an einem garstigen Steig. Weil es aber so protzig und klobig war, hat es nie jemand so richtig liebgewonnen. Nach kaum 40 Jahren war es vom ständigen Benutzen und Bespielen so schwach geworden, dass die Stadtmütter und -väter beschlossen, es solle eine Kur bekommen. Sie legten einen Zeitplan für die Reha fest. Und so flohen die ansässigen Institutionen aus dem Kulturzentrum, eine jede in eine andere Richtung. (mehr …)

[LiSe 07/23] Kolumne: Und nochmal

Die Wiederholung zählt zu einem der bekannteren Stilmittel. Sie ist zur Freude aller Schüler*innen echt easy zu identifizieren. Die Wiederholung springt einem – je nachdem – schnell ins Auge oder Ohr. Sie ist Redundanz pur, hat etwas Simples. Die Situation des Stilfigurensuchers ist vergleichbar mit der eines  Memoriespielers, der vor einem Tisch voller aufgedeckter Memoriekarten sitzt und jetzt nur noch Paare zusammenzuführen hat. Ist Easy-peasy. (mehr …)

[LiSe 06/23] Kolumne: Über die Autorität der Autorin

in der welt des fiktionalen Romans obliegt der Autorin eine enorme Autorität. Sie schafft eine komplette Welt für ihre Leser*innen, erschreibt neue Freunde und Familie. Wie eine Göttin sitzt sie an ihrem Schreibtisch und entscheidet über das Schicksal der Charaktere, wer gut ist, wer böse, wer leidet und wer sich freut. Wann das Ende kommt. Und wie. Ich als Leserin muss mich vertrauensvoll in ihre Hände geben, dass der Werdegang des Buches so verläuft wie er … muss? (mehr …)

[LiSe 05/23] Kolumne: Leiden für die Kultur – ganz profan

Wer die Kultur liebt, liebt das Leiden. Jenes lautlose Vor-sich-hin-Leiden auf dem zugewiesenen Stuhl, das spätestens nach einer Stunde einsetzt. Meist schon früher.

Die Lesung des Nachwuchsautors in unserem Lieblingsbuchladen, die Premiere der durchreisenden Theatertruppe in der Stadthalle, das Programm der örtlichen Literaturtage. So vieles, das einen interessierte. So vieles, für das man sich gern Zeit nähme. Und dann fällt einem ein, kurz bevor man die Mail mit der Anmeldung abschickt, wie man bei der letzten Lesung gelitten hat. (mehr …)