Carmen Stephan und ihr neuer Roman „It’s all true“

Von Ina Kuegler

Die Geschichte ist schnell erzählt: Vier brasilianische Fischer segeln 61 Tage auf einem Floß an der Atlantikküste entlang nach Rio und protestieren so beim Staatspräsidenten erfolgreich gegen ihre schlechten Lebensbedingungen. Der Regisseur Orson Welles liest diese Story im Dezember 1941 im TIMES-Magazin und verfilmt die Heldentat der wagemutigen Männer. „It’s all true“ nennt Welles sein Werk, und das ist auch der Titel eines kurzen und kurzweiligen Romans von Carmen Stephan, in dem die junge Münchner Schriftstellerin die beiden Stories verbindet – mal an Fakten orientiert, mal der Fiktion nachgebend.

Eindrucksvoll schildert Stephan das karge Leben der Fischer im Nordosten Brasiliens oder die Wucht des Meeres – voll Empathie erzählt die Autorin aber auch aus der unglücklichen Kindheit des Filmregisseurs oder der Zeit, in der dessen Stern wieder verblasste. Welles hat „It’s all true“ nie fertig gesehen, der Film wurde erst Jahrzehnte später aufgeführt. Tragisch sind freilich auch die Dreharbeiten an diesem Film gewesen: Jacaré, der Anführer der vier mutigen Fischer, stirbt bei den Dreharbeiten. Welles unterstützt die Fischer-Familie finanziell Zeit seines Lebens.

Carmen Stephan verknüpft die beiden Stränge des Romans virtuos und schafft zugleich eine geheimnisvolle Aura, die an Welles Meisterwerk „Citizen Kane“ angelehnt ist. So erzählt Stephan vom Tod des Regisseurs im Jahr 1985 und legt in dessen Nachttischschublade einen Zettel, auf dem in kindlichen Buchstaben „Arabaiana“ steht. Es ist der Name eines Edelfisches – so hatte Jacaré seinen Freund Orson Welles liebevoll genannt. Da erinnern sich nicht nur Cinéasten an das sehnsüchtige „Rosebud“ in „Citizen Kane“ ….

Carmen Stephan
It’s all true
Roman, 116 Seiten
S. Fischer Verlag, Frankurt 2017
16 Euro