Stellen Sie sich vor, Sie verschlafen an Ihrem Geburtstag, weil Sie tüchtig gefeiert haben am Abend davor. Als Sie im Büro eintreffen, ist dort nichts mehr, die Kollegen sind tot, alles ist zerstört. Renald Luzier, genannt Luz, kam an seinem 43. Geburtstag, den 7. Januar 2015, zu spät zur Redaktionskonferenz. Als er in den Räumen der Satirezeitschrift Charlie Hebdo eintrifft, ist alles schon vorbei. Was er vorfindet ist Chaos, Zerstörung, Blut und Leichen. Beim Anschlag auf die Redaktion wurden 12 Menschen ermordet, darunter acht Redakteure – fast die gesamte Redaktions-Belegschaft.
Es ist leicht nachvollziehbar, dass ein Weitermachen – wie bisher – unmöglich ist. Luz entwirft noch das erste Cover von Charlie Hebdo nach dem Anschlag, aber er zieht sich zurück, hat Schwierigkeiten, das Trauma zu verarbeiten, und verlässt im Mai die Redaktion, für die er über 20 Jahre gearbeitet hat.
Seine Auseinandersetzung mit dem Mordanschlag und seiner ungewollten Berühmtheit, seine Angst und sein inzwischen gestörtes Verhältnis zur Zeit hat Luz in einem Cartoon-Album aufgearbeitet: Katharsis. Es ist die Trauerarbeit eines Überwältigten, für den das Zeichnen zur Überlebensstrategie geworden ist.
Michael Berwanger
Luz
Katharsis
Comic, Hardcover 128 Seiten
Aus dem Französischen von Uli
Aumüller und Grete Osterwald
Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2015
16,99 Euro