Von Katrin Diehl

Es hat sich herumgesprochen: Am 6. Juni 2025 wäre der in Lübeck geborene Literaturnobelpreisträger Thomas Mann 150 Jahre alt geworden. Am 12. August 2025 ist es 70 Jahre her, dass er in Zürich gestorben ist. Fast vier Jahrzehnte seines Lebens hat der Großschriftsteller in München verbracht (1894-1933), hat hier seine Frau Katia Pringsheim kennengelernt, wie er überhaupt dieser Stadt „von Herzen zugetan“ war und sie doch verlassen musste. 1938 siedelten die Manns nach einigen Zwischenstationen endgültig in die USA über. Für die Familie – mittlerweile um die Kinder Erika, Klaus, Golo, Monika, Elisabeth, Michael angewachsen – war es in Nazi-Deutschland ungemütlich, zudem äußerst gefährlich geworden (Katia war jüdischer Herkunft). Den Nobelpreis hatte Thomas Mann 1929 für seinen Debütroman „Buddenbrooks. Verfall einer Familie“ (1901) erhalten.

2025 ist also eindeutig ein Thomas-Mann-Jahr. Die Feierlichkeiten nähern sich ihrem Höhenpunkt und auch die Monacensia im Hildebrandhaus tut mit (in der Bogenhausener Villa sind das Literaturarchiv der Stadt, eine Forschungsbibliothek Münchner Themen betreffend sowie Dauer- und/oder Wechselausstellungen untergebracht). Zum Jubeltag wartet die Monacensia mit einer nachhaltigen Jutetasche auf. Darauf zu sehen: das konzentrierte Gesicht der kämpferischen, exzentrischen, queeren Thomas-Mann-Tochter Erika. Tja. Väter müssen infrage gestellt werden, was ja keineswegs bedeutet, dass man sie vergisst. Man schiebt sie nur etwas zur Seite. Macht den Blick frei. Zum Beispiel auf die Frauen.

Bis heute gibt es Nachkommen Thomas Manns, bis heute gibt es für diese nächsten Generationen immer einmal wieder Gründe, nach München zu kommen und das Hildebrandhaus zu besuchen. Und wer weiß, ob Thomas Mann während seiner Münchner Zeit nicht auch ab und an vorbeigeschaut hat. 1924 zeigte er sich jedenfalls so generös, Hans Ludwig Held, dem ersten Bibliotheksdirektor Münchens und Gründer der Monacensia Bibliothek (1921), sein handschriftliches Drama „Fiorenza“ zu überlassen. Inhaltlich soll es nicht besonders interessant sein, für den Thomas-Mann-Bestand im Haus ist es nach wie vor ein Highlight.

Frido Mann, Enkel von Thomas und Katia Mann, besuchte 2020 anlässlich der Ausstellung zu Erika Mann die Monacensia, stand da Rede und Antwort zu seiner bemerkenswerten Tante.  Und gerade vergangenen Monat saß Dominica Borgese, Tochter von Elisabeth Mann Borgese, wieder einmal als Ehrengast auf dem Podium im Forum Atelier. Anlass war deren umfangreiche Schenkung des mütterlichen Nachlasses an die Monacensia.

Als Forschungsstelle zu den Manns verfügt die Monacensia über eine der größten Handschriftensammlungen von Thomas Mann. Mit den kompletten Nachlässen von Erika und Klaus Mann, den Teilnachlässen von Monika, Elisabeth und Michael Mann sowie den über 800 Briefen und Manuskripten von Thomas, Heinrich und Golo Mann ist sie das Archiv mit den meisten Originalbeständen zu Thomas Mann und den Seinen. Sie ist Teil von „Thomas Mann International“, einem Netzwerk von Thomas-Mann-Institutionen. „Wir haben das 2022 zusammen mit dem Buddenbrookhaus in Lübeck, dem Thomas-Mann-Archiv der ETH Zürich, dem Thomas-Mann-Kulturzentrum im litauischen Nida und dem Thomas Mann House in Pacific Palisades in Los Angeles gegründet“, erklärt Anke Buettner, seit 2019 Leiterin der Monacensia, und betont, dass dieses Zusammengehen ein großer Gewinn sei: „Da kommen sehr unterschiedliche Menschen, Forscher*innen, Expert*innen an einen Tisch, teilen ihr Wissen, sind um Vermittlung bemüht, setzen Forschungsimpulse …“

Noch bis Ende des Jahres wird im Hildebrandhaus die „alte“ Dauerausstellung „Literarisches München zur Zeit von Thomas Mann“ zu sehen sein. „Da steht nötige Veränderung an“, sagt Buettner, „wir gehen da digital, orientieren uns am Pageflow Format, das uns ansprechendes Storytelling mit Bildern und Texten ermöglicht“. Der Platz der Dauerausstellung könne dann ab nächstem Jahr für Wechselausstellungen genutzt werden.

Larissa Schmid, seit November Leiterin der Bibliothek, weiß um das breite Literaturangebot zu den Manns. Als Freihandbestand füllt es Regale: „Natürlich bieten wir das Werk Thomas Manns, seine Prosa, Tagebücher, Notizbücher, aber natürlich findet man bei uns auch die Bücher der anderen Familienmitglieder, dem Bruder Heinrich, den Kindern …, zudem jede Menge, ganz aktuelle Forschungsliteratur wie auch neueste Belletristik, die sich mit den Manns beschäftigt.“ Thomas Manns Werk stehe hier nicht nur auf Deutsch bereit. „Wir haben ihn übertragen in 40 Sprachen“, sagt Schmid.

Zum 6. Juni, dem Geburtstag Thomas Manns, gibt es in der Monacensia ein offenes Festprogramm mit Führung durch die Dauerausstellung, Einblicken ins Archiv und der Einladung an jede*n Besucher*in, etwas „Persönliches“ mitzubringen, was sie/ihn mit Thomas Mann, dessen Werk verbindet. Lässt sich dann gut in der Erika-Mann-Jutetasche wieder mit nach Hause nehmen.

Faszination Thomas Mann – Festprogramm zum Jubiläum 2025
06. Juni 2025, 15 bis 18:15 Uhr
Monacensia im Hildebrandhaus, Maria-Theresia-Straße 23
Anmeldung zur Präsentation von Erinnerungsstücken per Mail an: monacensia.programm@muenchen.de

Informationen unter: www.muenchner-stadtbibliothek.de/veranstaltungen/details/faszination-thomas-mann-34377

Erika Mann Lecture 2025 mit Morgan Jerkins
26. Juni 2025, 19 Uhr
Große Aula der LMU, Geschwister-Scholl-Platz 1
Informationen unter: erika-mann-lecture.de/morgan-jerkins-2025/